Der Stolz Indiens – Die Geschichte des Khadi – Indiens unverkennbarer Stoff

Mode

March 4, 2017

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Indien fur sie

März-April 2017



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Vor vielen Jahrzehnten berühmt geworden durch Mahatma Gandhi, ist Khadi heute ein Symbol für Wandel und Widerstand sowie ein Teil indischer Identität. Über die Jahre ist der handgewebte, umweltfreundliche Stoff weltweit bekannt geworden und hat sich vom Symbol des Freiheitskampfes zu einem internationalen Mode-Statement weiterentwickelt.

Alles begann in den 1920ern mit Mahatma Gandhi, dem herausstechenden Führer der indischen Freiheitsbewegung zu Zeiten Britisch-Indiens. Er entfesselte die Förderung eines soziokulturellen Selbstverständnisses, welches die Selbstverantwortung in Bezug auf Kleiderwahl stärkte und Inder daran erinnerte, wie sehr der Kleidungszwang ausländischer Fabrikate Teil der britischen Ausbeutungsstrategie war.

Khadi oder, ‘der heilige Stoff’, wie Gandhi ihn einst nannte, ist auch bekannt unter dem Namen Khaddar und führt die Relevanz und Bedeutung von heimisch produzierten Gütern vor Augen.

Zwar variieren Herstellungsmethoden und -techniken bei Verzierung, Stickerei, Färbung und Druck je nach Region, doch haben sie alle Grundlegendes gemein: Das Garn wird zunächst mit dem traditionellen Charkha (Spinnrad) gesponnen und anschließend im Webstuhl zu Stoff verarbeitet. Dieser zu 100 Prozent handwerklich hergestellte Stoff steht für weit mehr als ein einfaches Textil. Vielmehr markiert er den Beginn des indischen Unabhängigkeitskampfes und einer einzigartigen Modegeschichte.

Entgegen landläufiger Meinung kann der Baumwollstoff Khadi sehr wohl auch mit Seide oder Wolle gewebt werden. Kleine Unebenheiten beim Zusammenlaufen der Fäden sind die Besonderheiten, die dem Stoff eine raue aber angenehme Wirkung verleihen.

Der Stoff ist in Einklang mit der Natur hergestellt und schadet weder der Haut noch der Umwelt. Die Produktion dient Millionen von Männern und Frauen des ländlichen Indiens als verlässliche Einkommensquelle, da sich immer mehr Menschen aus Umweltund Ethikgründen für den Khadi Stoff entscheiden.

Khadis Wiedergeburt

Subtil, grob und alltäglich – was den Stoff einst ausmachte, trotzt nun der alten Identität dank der Modedesigner, die dem Stoff ein neues Image gegeben haben. Der freche, neue Look des heutigen farbenfrohen Erscheinungsbildes von Khadi gibt Indiens Freiheit in dieser Sphäre der Mode eine ganz neue Ausdrucksplattform, die für Modeliebhaber aus der gesamten Welt zugänglich ist.

Der neuzeitliche Khadi-Look ist facettenreich, modern, frisch und kommt in verschiedenen Formen. Nicht nur indische Designer können sich für Khadi begeistern. Aus der ganzen Welt finden Modeschöpfer Interesse an Kleidungsstücken, die ausschließlich aus Khadi hergestellt werden. Jedes Mal, wenn der wunderschöne Stoff auf einem Laufsteg erscheint, steht er mit seiner auffallenden und einzigartigen Vitalität im Zentrum der Aufmerksamkeit.

Khadi startet sein Comeback mit den verschiedensten Farben wie rot, grün, gelb und blau. Vor dem aktuellsten Trend der Modewelt kann sich mittlerweile keine Modeikone mehr verstecken. Alle tragen sie die besten Outfits aus Khadi zusammen mit Khadi Accessoires wie den Saffa (Turban), Khadi Mäntel, Dupattas (Schals), Palazzo Hosen und Juttis (Schuhe).

Der größte Vorteil des Stoffes liegt in seiner Vielseitigkeit. Es ist ein Stoff für alle Jahreszeiten, der den Körper im Sommer kühlt und im Winter wärmt. Je nach Styling und Kombination schafft er mühelos den Spagat zwischen klassisch und hip.

Modeschöpfer haben mit Khadi eine ideale Arbeitsfläche erhalten um mit Designtraditionen zu brechen. Statt lediglich Kleidung aus einem passenden Stoff zu entwerfen, werden Gesamtkonzepte entwickelt, durch welche experimentell auch Handarbeit, Schuhwerk und Inneneinrichtung eingebunden werden. Vom Einsatz bei Decken- und Sofabezügen, über Lampen, bis hin zu ökologisch freundlichen Fußmatten und Teppichen ist Khadi schwer in Mode.

Mittlerweile wird eine Vielzahl exotischer Kleidung und Accessoires auch in Amerika und Europa zur Begeisterung von Einheimischen sowie Besuchern angeboten.

„Als ich vor einigen Monaten einen Kurti aus Khadi zur Arbeit anzog, fragten mich meine Kollegen direkt, ob ich ihnen von meinem nächsten Besuch in Indien auch einen mitbringen könne“, sagt die indischstämmige und in Frankreich wohnende Manju Sethi. Allerdings hatte sie das Kurti nicht mal in Indien, sondern in Paris gekauft. „Je häufiger man es wäscht, desto besser wird es“, fügte sie hinzu.

Der weltweit zunehmenden Nachfrage folgend, eröffneten zahlreiche Khadi Boutiquen nicht nur in Paris, sondern auch in Dubai, Abu Dhabi, London, Los Angeles und vielen anderen Städten auf der ganzen Welt. Schon bevor der internationale Ruhm den Erfolg Khadis beflügelte, setzten sich vor allem John und William Bissels Label Fabindia sowie Faith und John Singhs Anokhi und Nature Alley durch und bewarben den Stoff weltweit.

Der Stoff hat mittlerweile sogar die US-Filmindustrie erreicht. Charaktere beliebter Hollywood Filme wie in Star Wars oder in Warner Brothers’ Peter Pan trugen bereits gefärbte Khadi Kostüme. Auch im realen Leben wurden Schauspielerinnen wie Jennifer Aniston, Julia Roberts und Nicole Kidman gesichtet, wie sie würdevoll den Stoff aus Indien trugen.

Aufgrund seiner historischen Relevanz und beeindruckenden Textur sowie wegen seiner großen Nützlichkeit, hat sich Gandhis Modestatement über Ozeane hinweg ausgebreitet.


Designer, die mit der Magie des Khadi arbeiten

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Bibi Russell

Das ehemalige Model aus Bangladesh gehört zu den berühmtesten Modedesignerinnen. Bibi Russells Liebe für die Handwerkskünste hat sie bereits um die gesamte Welt geführt, wo sie Khadi Stoffe in diversen Shows wie beispielsweise der India Runway Week, Rajasthan Divas und EFL Runway Week vorgestellt hat. Bibi Productions arbeitet mit Weberinnen und Webern in Indien und präsentiert ein sehr farbenfrohes Bild von Khadi. Dabei führt sie jedem die immense Leistung und die Expertise der lokalen Arbeiter vor Augen, bewahrt das kulturelle Erbe und fördert Kreativität. Jedes Kleidungsstückihrer Kollektion ist handgesponnen und verschiedenartig ausgestaltet.

 

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Gaurang Shah

Der indische Modedesigner Gaurang Shah gibt dem Khadi Look eine ganz andere Gestalt und stellte seine Kreationen bereits auf der Berlin und der New York Fashion Week vor. Der preisgekrönte Designer revolutionierte das Textilwesen, indem er eine bereits ausgestorbene Art des Webens von Khadi neu belebte.

 

 

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Bess Nielsen

Die dänische Designerin Bess Nielsen, die das Label Khadiand Co in Paris gründete, ist der Meinung, dass man Khadi und seine Philosophie lieben muss, um mit dem Stoff arbeiten zu können. Die Arbeit sei so aufwendig und außergewöhnlich, dass man lange brauche, um ein für den internationalen Markt geeignetes Ergebnis zu kreieren. Bess Nielsen mischt Khadi Designs mit klassischen europäischen Designs und möchte mit ihren Kleidungsstücken auch die Geschichten des Stoffes erzählen, sodass ihre Tiefgründigkeit nachvollzogen werden kann.

 

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Neeru Kumar

Neeru Kumar webt nun schon seit fast 30 Jahren mit ihrer Marke Tulsi an Stoffen, die einfach und nutzerfreundlich sind. Sie entschied sich für Khadi, weil der Stoff eine individuelle Anfertigung sowie aufgrund seines Gewichts beliebige Färbung ermöglicht. Außerdem bevorzugte sie ihn, weil sie das Spinnen und Weben von Hand interessierte. Sie ist der Überzeugung, dass der zu 100 Prozent handgefertigte Stoff, den sonst niemand auf diese Weise herstellen kann, zu den luxuriösesten Stoffen der Welt gehört.

 

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Anju Modi

Vor allem bekannt für ihre goldblattbeschichteten Details auf Khadi Stoffen, wird Anju Modi als langjähriger Khadi-Fan auch als Webkönigin gepriesen. Diese Technik gehörte zu den ersten, an denen sie zu arbeiten begann. Für ihre Couturekollektionen kommt hierbei eine sehr feine Variation des Stoffes zum Einsatz. Als besonders anziehend empfindet sie die Art und Weise wie der Stoff sich verhält, Falten wirft und Farben ausstrahlt.

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